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In den “Cuevas del Rodeo”

Szenetreffpunkt für Kunst und Kultur:

Höhlenviertel “Cuevas del Rodeo” in Rojales

MICHAEL ALLHOFF

Es war einst die Heimstätte armer Tagelöhner. Bergarbeiter aus Lorca gruben vor einer Generation Dutzende von Höhlenwohnungen in den Sandsteinhügel oberhalb von Rojales, damals, als die Erzminen bei La Unión stillgelegt worden sind und viele Minenarbeiter in ihrer Suche nach neuer Arbeit als Erntehelfer auf den fruchtbaren Feldern der Vega Baja fündig wurden.

Heute offenbaren sich die Höhlen als Kulturtreff mit maximalem Kultfaktor – die „Cuevas del Rodeo“, das Höhlenviertel von Rojales. Vor 25 Jahren übernahmen Künstler und Kunsthandwerker die über ein Dutzend Höhlen in Pacht von der Gemeinde und richteten sich dort ihre Ateliers ein.

Kulturtreff mit Kultfaktor

Die „cueveros“, die modernen Höhlenbewohner, legten Gärten auf dem Hügel an, pflasterten die Wege und kalkten die Wände ihrer „Casas Cueva“ strahlend weiss. Heute ist das Höhlenviertel von Rojales schöner denn je. Und die Cuevas del Rodeo haben sich als besondere Tourismusattraktion an der südlichen Costa Blanca etabliert.

Herz und Seele der Cuevas, das ist Carlos Carmona. Der bärtige Künstler und Bildhauer mit seinem stets vergnüglichen Lächeln in den Augen stammt ursprünglich aus dem andalusischen Cádiz. Als Wirt schenkt er Bier und Wein in der Höhlenbar Nummer 10 “B-Art” aus, wenn er nicht gerade an einer seiner überdimensionalen Skulpturen schweißt, hämmert und feilt. Carlos Carmona organisiert auch die sommerlichen Live-Konzerte bis Mitternacht.


Die Crew der Cuevas – ob Carlos Carmona, Abraham Martí, Carmen Sánchez, Jennifer Rotter und Hilarión Pedauyé, Santi Veracruz, José Ángel Paredes, Inma Noguera und Antonio Villa – haben mit den Cuevas del Rodeo einen Szene-Treffpunkt für Kunst und Kultur an der Costa Blanca geschaffen, der im Land Valencia seinesgleichen sucht. Das idyllische aufgehübschte Höhlenviertel erinnert mit seinem besonderen Ambiente an Granada in Andalusien, die  Höhlenviertel der Kanaren und irgendwie auch an den Flair von Ibiza.

Carlos bild
Selbstporträt mit Humor: Szene in der Höhlenbar “B-Art” von Carlos Carmona.

Da finden Workshops in Leder, Keramik oder Papier statt. Bei Art´n Ground gibt es selbstgebrautes Bier, internationale Künstler können sich hier tage oder wochenweise kreativ im Rahmen einer „Artist Residence“ einbuchen. Die Cueva Sala Mengolero, die große Ausstellungshöhle inmitten des Gevierts, beherbergt ständig wechselnde Kunstausstellungen, unterstützt vom Kulturamt der Gemeinde.

Handwerk 1
Kunsthandwerk im Verkauf: Steinzeitliche Messer aus Obsidian.
Handwerk 2
Carmen Sánchez fertigt Lederwaren in Handarbeit.

Die Hippies von den Höhlen haben sich in den letzten Jahren zunehmend dem Publikum geöffnet. Internationale Residenten aus Deutschland und England, Skandinavien, Holland oder Belgien lieben das besondere Ambiente in den Höhlen. Vor allem im Sommer. Freitag abends zum Beispiel, bei stimmungsvollen Live-Konzerten mit Jazz, Flamenco, Rock oder Klassik.

Kunst 1
Kunstausstellung in Cueva 6 von María Jesus Trives.
Kunst 2
Sala Mengolero beherbergt weschselnde Dauerausstellungen.
Kunst 4
Skulpturen von Carlos Carmona.
Ida
Ida Rödén, schwedische Künstlerin in “Artist Residence”.

Ein Highlight des Jahres bildet das Festival „Rodearte“. Drei Tage lang jeweils Anfang Mai wird auf wechselnden Bühnen in dem Höhlenviertel gefeiert, mit Musik, Tanz und Konzerten. Dann schaut auch Bürgermeister Antonio Pèrez mal wieder vorbei und freut sich über das multikulturelle Treiben in seinem Dorf.

Antonio Perez
Bürgermeister Antonio Pérez beim Besuch von “Rodearte”.

Es sind die verschiedensten Musiker, die in den Cuevas del Rodeo ihre Bühne und ihr Publikum finden. Peter Graute zum Beispiel, geboren in Rotterdam. Schwarz ist seine Modefarbe, der Hut auf dem Kopf ein Must. Der Niederländer spielte sein Leben lang E-Gitarre und hat schon Sting auf der Bühne gesehen, als “The Police” noch völlig unbekannt war. „Improvisation ist die Kunst, ganz in der Musik aufzugehen.“ In den Höhlen von Rojales absolvierte Graute letzten Sommer einen ersten Konzert-Zyklus mit seiner Band „The Gathering“. Mit dabei: Steve Keen, der Schlagzeuger aus London.

Live-Konzerte und Kunst

Mit ihren Instrumenten, darunter Steve an der digitalen Roland-Percussion, zaubern die Musiker Klangteppiche in den Raum, die das Publikum faszinieren und auf unvergleichliche Art in Trance versetzen. Mitunter kommen Gast-Musiker in die Höhlen, oft dabei der renommierte Harmonika-Spieler Juan Blas Becerra, der sonst mit „Seguridad Social“ und Mark Olson auf der Bühne steht. Oder der Saxophonist Rafael Orts Espadero aus Alicante. Und natürlich der Pianist Luis Suria mit seiner Band.

Cueva Rodearte Magie
Attraktion auf Festival Rodearte: Magie für die Kleinen und Jongleure. Foto: Michael Allhoff

Die Künstlerin Gloria Lapeña Gallego hat sich jüngst auf die Spuren des Dichters Ibn al Arabi gemacht. Der große Dichter der sufistischen Mystik wurde 1164 in Murcia geboren und starb in Damaskus im Jahr 1240. Gloria Gallego stellte ihre Arbeiten beim letzten „Rodearte“ aus. Die Künstlerin präsentiert ihre Graphiken auch im Rahmen der internationalen Universitätsausstellung von Bilbao sowie in der „Cité Internationale Universitaire“ von Paris.

Unter dem Titel „Tatha al-zará“ (Zuflucht des Dichters) thematisieren ihre Bilder das Spannungsfeld von Natur, Zivilisation und Kultur der Huerta der Vega Baja. Bei Recherchen zum Lebenslauf des arabischen Mystikers entdeckte sie die vielen Spuren maurischer Kultur, die an der spanischen Levanteküste zerstört worden, aber in Städten wie Córdoba gut erhalten sind. „Ich dachte immer, wir hätten hier kaum maurisches Erbe“, so Gallego im Interview des Online-Magazins „Amanece Metrópolis“ (www.amanecemetropolis.net). Dann sei ihr bewusst geworden, dass der vermeintliche Mangel ein Resultat moderner Siedlungspolitik gewesen sei. „Viele archäologische Reste wurden wegen der Bodenspekulation zerstört.“

Derzeit noch zu sehen sind in den Cuevas del Rodeo die Arbeiten der schwedischen Künstlerin Ida Rödén. Sie hat sich zwei Wochen als „Resident Artist“ bei Art´n Ground mit der Geschichte der Morisken im Vall de Laguar befasst. (www.idaroden.com).

Panorama-Blick über die Vega Baja

Sie ist ein ursprüngliches spanisches Idyll, die Landschaft zu beiden Ufern des Flusses Segura. Immergrüne Orangen- und Zitronenhaine wechseln sich ab mit Feldern, auf denen Artischocken, Kartoffeln, Salat, Tomaten, Zwiebeln, Baumwolle und Granatäpfel gedeihen. Inmitten der fruchtbaren Huerta, kultiviert schon von den Mauren, liegen Dörfer eingebettet, die in der Ebene durch ihre weiß gekalkten Kirchtürme mit den typisch kobaltblau glasierten Dachschindeln auffallen.

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Dörfer inmitten von Apfelsinenhainen: Benijófar bei Rojales.

Der Fluss Segura hat über die Jahrtausende Sand und Sedimente ins Meer gespült. So hat sich zwischen Alicante, Elche und Orihuela ein fruchtbares Schwemmland gebildet, das bekannt ist als die „Vega Baja del Segura“, zu deutsch: Der untere Flusslauf des Segura. Genau 27 Gemeinden bilden die Vega Baja, eine Region von der halben Größe Berlins, erstmals besiedelt von den Iberern.

Abend 1
Sonnenuntergang über der Vega Baja.
Abend 3
Abendlicher Spaziergang durch das Höhlenviertel.

Von der Terrasse der Bar „B-Art“ in den Cuevas del Rodeo genießt der Besucher den besten Blick über das weite Land. Im Süden zeichnen sich die scharf gezackten Silhouetten der Sierra de Callosa und Sierra de Orihuela am Horizont ab. Im Westen lässt sich das schimmernde Blau des Mittelmeers erahnen. Dazwischen sprenkeln weiße Bauerndörfer die Scholle – Albatera zum Beispiel, Algorfa, Almoradí, Benejúzar, Benijófar, Bigastro, Catral, Cox, Dolores, Jacarilla, Formentera del Segura, Los Montesinos, San Miguel de Salinas, Rojales und Redován.

Auf den Spuren einer verlorenen Zeit

Bei der Fahrt von Torrevieja nach Rojales, entlang der Acequías und Azarabes, den maurischen Bewässerungsgräben, und vorbei an vier Meter hohem Schilfrohr, das sich im Uferbereich des Segura im Wind wiegt, entdeckt man die Schönheiten dieser Landschaft. Das alte Wasserrad, die „Noria“ bei Benijófar zum Beispiel, gelegen inmitten der Plantagen von Apfelsinen- und Zitronenbäumen. Es ist eine Schönheit, die sich oft erst auf den zweiten Blick erschießt, beim Halt am Wegesrand. Aber die Zeit rennt einem hier nicht davon. die Vega Baja, das ist eine ländlich gebliebene, ganz bodenständige Region – fernab der Ferienhaussiedlungen an der Küste und doch dem touristischen Trubel nah.

Cuevas Sunset 2

Und wenn die Levante-Brise mittags jeglichen Dunst wegweht, staffeln sich die Äcker, Karsthügel und Bergkämme zu einem strahlenden Panorama, das wie von innen heraus zu glühen scheint. In der Vega Baja ist die Welt rein blau und weiß und grün.

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Export der Vega Baja: Orangen aus der Huerta des Bajo Segura.

Information: Höhlenviertel von Rojales, Cuevas del Rodeo. Bar „B-Art“ von Carlos Carmona, geöffnet Mo-So. 11-15 Uhr, im Sommer Fr. ab 20 Uhr Live-Konzerte. Sala Mengolero, beständige Kunstausstellung. Reservierung erforderlich, Tel. 608408604, www.artnground.com.

 

 

5 comments

    1. Vielen Dank. Ja, immer wieder besonders. Die Künstler und Kunsthandwerker lassen sich was einfallen, um die Cuevas weiter zu entwickeln und den Raum für Kultur kreativ zu gestalten.

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