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Von Kutten und Kapuzen

Zwischen religiöser Andacht und Volksfest: „Semana Santa“ in #Orihuela + + + Of frocks and hoods – Between religious devotion and popular festival: “Semana Santa” in #Orihuela

(scroll down for English)

Schlagartig erlöschen alle Lichter in der Altstadt von Orihuela. Es ist ganz dunkel. Dicht an dicht gedrängt wartet die Menge der Menschen an der Plaza de Santiago auf den Beginn der Schweigeprozession – gebannt erregt, andächtig schweigend. Die „Procesión del Silencio“, die Schweigeprozession in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag, das ist einer der Höhepunkte der festlichen Karwoche der Bischofsstadt Orihuela.

Da, mit dem ersten Glockenschlag um 23 Uhr, öffnen sich die Tore der Kirche Santiago Mayor. Hunderte von Büßern der Hermandad del Silencio, der Bruderschaft des Schweigens – gekleidet in langen schwarzen Kutten, ihre Gesichter verhüllt unter Mönchskapuzen – schreiten aus dem Inneren der spärlich beleuchteten Kirche.

Allen voran trägt ein Bruder der Hermandad del Silencio, das silberbeschlagene Insignienkreuz der „Cofradía“. Die Bruderschaft vereint heute 850 Mitglieder, von denen jedes Jahr rund 400 Kapuzenträger an der Prozession teilnehmen.

Getröstet in Gott

Ein tiefer, lang anhaltender Hornton kündet vom Auftakt der religiösen Feier zu Ehren des Cristo del Consuelo, dem Christus des Trostes. Es ist ein ganz schlichter Schrein, dieser „Paso“ der Hermandad del Silencio mit seiner dornengekrönten Christusfigur, den die „Costaleros“ als Altarbild durch die Straßen tragen, einzig geschmückt von wenigen lilafarbenen Blumen zu Füßen der Reliquie.

Anders als bei den meisten anderen Kruzifixen der Stadt sind nicht die Initialen INRI als Kreuzestitel abgebildet, sondern der Satz „Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum“ – Jesus der Nazaräer, der König der Juden – steht in Aramäisch, Lateinisch und Griechisch auf der Holztafel am Kreuz. Es ist der Satz, den Pontius Pilatus als Rechtsgrund des Todesurteils anbringen ließ, um Jesus öffentlich zu demütigen. Die Kreuzigung Jesu – juristisch beruhte sie auf dem von Kaiser Augustus erlassenen Majestätsgesetz, demnach der Anspruch auf die Königswürde in römischen Provinzen ohne kaiserliche Erlaubnis als Aufruhr galt.

Auf der Schulter tragen die Büßer, spanisch „penitentes“ genannt, handgezimmerte Kreuze aus Holz, manch eines davon bis zu 50 Kilo schwer. Über zwei Stunden schleppen sie bei der Prozession wie einst Jesus die Last, schweißüberströmt. Viele der Büßer gehen barfuß.

Die Menschenmenge ist nur vom flackernden Kerzenschein ihrer Laternen beleuchtet. Wenn dann aus dem ehrfürchtigen Schweigen vor dem Rathaus Orihuelas das schier unendlich getragene „Santo“ aus dem Kreis der „Cantores de la Pasión“ erschallt; wenn die Passions-Singer mit ihren kehligen Baritonstimmen inbrünstig die Kreuzigung Jesu beklagen, der flankiert von zwei Dieben auf dem Berg Golgatha starb („Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“); wenn die Büßer unter dem Gewicht ihrer Kreuze vor Anstrengung zu wanken beginnen und man als Zuschauer Zeuge wird, wie den Orihuelanern überwältigt von einem tiefen Gefühl der Trauer und der Anteilnahme die Tränen in die Augen treten und über die Wangen rinnen, dann, spätestens dann, ist man angekommen in der ursprünglichen spanischen „Semana Santa“, diesem mitreißenden religiösen Volksfest, das sich so ekstatisch wie magisch und mysteriös zugleich offenbart.

Ob bei der Prozession des Pasos „La Negación de San Pedro“ (Verleugnung des Petrus: „Nein! Den kenne ich nicht!“) oder angesichts der Prozession der „Hermandad Penitencial del Santísimo Cristo de la Buena Muerte“ (Bußbrüderschaft des Heiligen Christus des Wahren Todes) um zwei Uhr morgens am Karfreitag, während der über fünf Stunden währenden „Procesión General de la Pasión“ am Karfreitagabend um 19 Uhr, an der alle 24 Bruderschaften Orihuelas mit ihren über 4.000 Brüdern teilnehmen, bei der donnernden „Tamborada“ am Ostersonntag um zwölf Uhr, wenn unter dem gewaltigen Getöse Hunderter von Trommeln die Auferstehung Jesu Christi gefeiert wird – ganz Orihuela wirft sich Jahr für Jahr zwischen Palmsonntag und Ostermontag begeistert in diese einzigartige Fiesta der Semana Santa. Während der Karwoche defilieren über hundert Bandas de Música, vielköpfige Kapellen mit Pauken, Trommeln und Trompeten durch die Stadt.

Fest für die ganze Familie

Ohne Zweifel: Die Semana Santa bleibt die große Ausnahme, bei der spanische Männer sogar auf die TV-Übertragung eines Fußballspiels zwischen Real Madrid C.F. und Barça verzichten. Und stattdessen mit der Familie, mit ihren Kindern, mit Opas, Omas, Tanten, Onkeln, Vettern und Cousinen inklusive eventueller Kleinkinder im Kinderwagen zur Osterprozession flanieren.

Man grüßt freundlich rechts und links, trinkt hier und da während des Wartens auf den Beginn der Prozession einen „cafecíto“ oder eine „caña“ und hält einen kurzen Plausch mit den vielen Bekannten, die man unterwegs trifft. Selbst die Jugend des Ortes, aufgewachsen mit „botellónes“ und Techno-Musik, nimmt an den Feierlichkeiten der Karwoche teil. Die jungen Spanier gehen zwar nicht zur Messe, aber sie schauen sich durchaus gerne das Spektakel der täglichen Umzüge an, die durch die Altstadt und entlang dem Fluss Segura führen. Orihuela hat sich seine dörflichen Strukturen zu bewahren gewusst. Hier kennt noch jeder jeden.

Viele Familien in Orihuela geben ein Vermögen aus für die Ausstaffierung zur Semana Santa und die Finanzierung der „tronos“, der kostbaren und tonnenschweren Schreine, die oft Hunderttausende von Euro kosten. Denn nur selten geht es so schlicht zu wie bei der Schweigeprozession der Büßer am Gründonnerstag. Vornehmlich tragen die Brüder farbenprächtige Uniformen, nachgebildete Rüstungen der Römer, Lederwams und Samthosen, dazu Umhänge, bestickt mit Goldfäden.

„Die Uniform der Prätorianer kostet bis zu 6.000 Euro“, erklärt Antonio Ballester beim Bier in der Confitería Sabi an der Plaza Nueva, einem Traditionstreff der Orihuelaner. Handwerksbetriebe wie die Schneiderei Escudero am anderen Ufer des Flusses Segura hätten sich ganzjährig auf das Nähen dieser mittelalterlichen Mode spezialisiert. Die Schnittmuster sind streng vorgegeben, manche Kleidungsstücke wurden erstmals 1881 designed und sind über 120 Jahre alt.

Bruderschaften im Trend

Der 68-jährige Bogenschütze der Bruderschaft „Nuestro Padre Jesús“ trägt einen silbernen Helm, einen goldbestickten, karmesinroten Umhang, ein weißes Leinenhemd unter dem ledernen Wams und Stiefel. Und während noch vor wenigen Jahren den Bruderschaften die Mitglieder ausgingen, hat sich der Trend heute umgekehrt. Die Bruderschaften finden regen Zulauf.

Für die Organisatoren ist die Semana Santa auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Jeden Abend stellen rund zwei Dutzend Helfer links und rechts an den Bürgersteigen der ganzen Prozessionsroute über 8.500 Klappstühle für die Zuschauer auf. Um Mitternacht stapeln sie die Stühle wieder zusammen. Nur bei Regen nicht – dem Klassiker der Osterwoche an der Costa Blanca.

Fromme Lust am Leiden

Doch woher kommt die allgemein gelebte Lust am Leiden während der Osterwoche? Warum ist die Semana Santa gerade in Orihuela so beliebt? Ricardo Canovas, langjähriger Vorsitzender des Einzelhandelsverbandes der Stadt, führt als Erklärung die Geschichte der Stadt an. „Orihuela besitzt 27 Kirchen und vier Klöster“, sagt der Unternehmer. Orihuela, einst Hauptstadt der römischen Provinz Aurariola und acht Jahrhunderte lang Machtzentrum der Mauren, sei 1437 in den Rang einer Stadt erhoben worden und habe sich als Bischofssitz der Provinz Orihuela-Alicante die strenggläubige katholische Tradition wie kaum eine andere Stadt der Costa Blanca bewahrt. Sein Fazit: „An der Costa Blanca dominiert Orihuela das Fest der Semana Santa.“

Die Mitgliedschaft in den Cofradías wird von Generation zu Generation weitergegeben. „Eigentlich ist jeder Orihuelaner Mitglied einer Bruderschaft“, sagt Canovas. Er selbst singe die Passion. Mit dröhnender Stimme hebt der wuchtige Mann an zu singen: „Viernes Santo que dolor / Fue Cristo crucificado / alma mía, por tu amor / allá en el monte Calvario / por salvar al pecador.“ – Karfreitag, was für ein Leid, wurde Christus gekreuzigt, oben auf dem Kalvarienberg, weil er die Sünder retten wollte.

ENGLISH

Of frocks and hoods

Between religious devotion and popular festival: “Semana Santa” in #Orihuela

Suddenly all the lights go out in the old town of Orihuela. It is completely dark. Tightly packed, the crowd of people at the Plaza de Santiago waits for the silent procession to begin – spellbound, devoutly silent. The “Procesión del Silencio”, the silent procession in the night from Holy Thursday to Good Friday, is one of the highlights of the festive Holy Week in the Episcopal city of Orihuela.

There, with the first chime of the bell at 11 p.m., the gates of the Church of Santiago Mayor open. Hundreds of penitents of the Hermandad del Silencio, the Brotherhood of Silence – dressed in long black robes, their faces veiled under monastic hoods – stride from inside the sparsely lit church.

In front of them, a brother of the Hermandad del Silencio, carries the silver insignia cross of the “Cofradía”. Today, the brotherhood brings together 850 members, of whom about 400 hooded bearers take part in the procession every year.

Comforted in God

A deep, prolonged horn sound announces the start of the religious celebration in honor of Cristo del Consuelo, the Christ of Consolation. It is a very simple shrine, this “Paso” of the Hermandad del Silencio with its thorn-crowned figure of Christ, which the “Costaleros” carry through the streets as an altar image, adorned only by a few purple flowers at the feet of the relic.

Unlike most other crucifixes in the city, the initials INRI are not depicted as the title of the cross, but the phrase “Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum” – Jesus the Nazarene, King of the Jews – is written in Aramaic, Latin and Greek on the wooden panel on the cross. It is the sentence that Pontius Pilate had affixed as the legal reason for the death sentence, in order to publicly humiliate Jesus. The crucifixion of Jesus – legally it was based on the law of majesty issued by Emperor Augustus, according to which the claim to the kingship in Roman provinces without imperial permission was considered sedition.

On their shoulders, the penitents, called “penitentes” in Spanish, carry handmade wooden crosses, some of them weighing up to 50 kilos. During the procession, they carry the load for over two hours, like Jesus once did, drenched in sweat. Many of the penitents walk barefoot.

The crowd is illuminated only by the flickering candlelight of their lanterns. Then, out of the reverent silence in front of Orihuela’s City Hall, the almost endlessly sustained “Santo” resounds from the circle of “Cantores de la Pasión”; when the Passion Singers, with their throaty baritone voices, fervently lament the crucifixion of Jesus, who died flanked by two thieves on Mount Golgotha (“My God, my God, why have you forsaken me? “); when the penitents begin to sway with effort under the weight of their crosses and you witness as a spectator how the Orihuelans, overwhelmed by a deep sense of grief and sympathy, tears come to their eyes and trickle down their cheeks, then, at the latest, you have arrived at the original Spanish “Semana Santa”, this rousing religious folk festival that reveals itself as ecstatic as it is magical and mysterious at the same time.

Whether in the procession of the Paso “La Negación de San Pedro” (Denial of Peter: “No! I don’t know him! “) or during the procession of the “Hermandad Penitencial del Santísimo Cristo de la Buena Muerte” (Penitential Brotherhood of the Holy Christ of the True Death) at two o’clock in the morning on Good Friday, during the “Procesión General de la Pasión” (General Procession of the Passion) at 7 p.m. on Good Friday evening, which lasts more than five hours and in which all 24 brotherhoods of Orihuela participate with their more than 4,000 brothers. At the thunderous “Tamborada” on Easter Sunday at noon, when the resurrection of Jesus Christ is celebrated to the roar of hundreds of drums – year after year, between Palm Sunday and Easter Monday, all of Orihuela throws itself enthusiastically into this unique fiesta of Semana Santa. During Holy Week, over a hundred Bandas de Música, many-headed bands with timpani, drums and trumpets, parade through the town.

Festival for the whole family

There’s no doubt about it: Semana Santa remains the great exception, with Spanish men even foregoing the TV broadcast of a soccer match between Real Madrid C.F. and Barça. Instead, they stroll to the Easter procession with their families, their children, grandpas, grandmas, aunts, uncles, cousins, and any toddlers in strollers.

They greet each other in a friendly manner, drink a “cafecíto” or a “caña” here and there while waiting for the procession to begin, and have a short chat with the many acquaintances they meet along the way. Even the local youth, raised on “botellónes” and techno music, take part in the Holy Week celebrations. Young Spaniards may not go to mass, but they certainly enjoy watching the spectacle of the daily parades that pass through the old town and along the Segura River. Orihuela has managed to preserve its village structure. Here everybody still knows everybody.

Many families in Orihuela spend a fortune on decorating for Semana Santa and financing the “tronos,” the precious shrines that weigh tons and often cost hundreds of thousands of euros. For things are seldom as simple as during the silent procession of penitents on Holy Thursday. Primarily, the brothers wear colorful uniforms, replica armor of the Romans, leather doublet and velvet pants, plus capes embroidered with gold thread.

“Praetorian uniforms cost up to 6,000 euros,” Antonio Ballester explains over a beer at Confitería Sabi in Plaza Nueva, a traditional Orihuelan hangout. Craftsmen’s workshops such as the Escudero tailor store on the other bank of the Segura River specialize in sewing this medieval fashion all year round. The patterns are strictly prescribed, some garments were first designed in 1881 and are over 120 years old.

Brotherhoods on trend

The 68-year-old archer of the brotherhood “Nuestro Padre Jesús” wears a silver helmet, a gold-embroidered crimson cape, a white linen shirt under his leather doublet and boots. And while just a few years ago the brotherhoods were running out of members, today the trend has reversed. The brotherhoods are attracting a large number of new members.

For the organizers, Semana Santa is also a race against time. Every evening, about two dozen helpers set up more than 8,500 folding chairs for spectators on the left and right sidewalks along the entire procession route. At midnight, they stack the chairs back together. Only not when it rains – the classic Easter week event on the Costa Blanca.

Pious pleasure in suffering

But where does the generally lived desire for suffering during Easter week come from? Why is Semana Santa so popular in Orihuela in particular? Ricardo Canovas, longtime president of the city’s retail association, cites the city’s history as an explanation. “Orihuela has 27 churches and four convents,” says the businessman. Orihuela, once the capital of the Roman province of Aurariola and the center of Moorish power for eight centuries, was elevated to the rank of a city in 1437, he says, and as the episcopal see of the province of Orihuela-Alicante, it has preserved a strict Catholic tradition unlike almost any other city on the Costa Blanca. His conclusion: “On the Costa Blanca, Orihuela dominates the celebration of Semana Santa.”

Membership in the cofradías is passed down from generation to generation. “Actually, every Orihuelan is a member of a brotherhood,” Canovas says. He himself sings the Passion. In a booming voice, the bulky man takes off singing, “Viernes Santo que dolor / Fue Cristo crucificado / alma mía, por tu amor / allá en el monte Calvario / por salvar al pecador.” – Good Friday, what sorrow, Christ was crucified, up on Calvary, because he wanted to save sinners.

text & photos: www.michaelallhoff.com

Mehr lesen | read more:

www.orihuelaturistica.es

Programm “Semana Santa 2023 Orihuela”:

https://www.orihuelaturistica.es/…/477664215a53486da582…

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